Erinnerung an das Gasthaus „Zur Grünen Aue“ in Katharinaberg 1939

Erinnerung an das Gasthaus „Zur Grünen Aue“ in Katharinaberg 1939

Erinnerung an das Gasthaus "Zur Grünen Aue" in Katharinaberg 1939

Ende Juli 1939 wurde Herbert Str. aus Kehl am Rhein in das R.A.D. Lager nach Katharinaberg versetzt. Seine Aufgabe war es, das Lager auf- und auszubauen.

Es befand sich da, wo die Dorfstraße aus dem Katharinaberger Grund nach Kleinhan abzweigt.

Sein Quartier hatte er aber im Gasthaus

„Zur Grünen Aue“ im sogenannten Pachendörfel. Kurz erklärt, das Pachendörfel ist eine kleine Siedlung und gehört zu Katharinaberg.

Die Gastwirtin im Hause war die frisch verheiratete Gisela Reichel. Ihr Ehemann ist der Landgendarm a. D. Rudolf Reichel gewesen.

Rudolf bediente die zwei Zapfhähne hinter der Theke.

Ein Bier kostete damals umgerechnet 25 Pfennig.

Wenn Rudolf Bier zapfte, strich er den überstehenden Schaum immer in ein darunterstehendes Glas. Mit der Zeit lief dieser Schaum zu Bier zusammen. Dieses durfte er dann selbst trinken. Seine Frau Gisela, eine ausgezeichnete Köchin, hielt sich in der Regel in der Küche auf.

Die Theke allerdings war von der Küche aus nicht einsehbar. Deshalb kam Gisela des Öfteren aus der Küche und schaute nach ihrem Rudolf.

Sonntags war das Gasthaus voll von Gästen. Bei schönem Wetter war dann auch der Garten mit eingedeckt.

Die meisten Gäste kamen aus Olbernhau und Brüx. Auch damalige Prominenz ging im Hause ein und aus.

Wenn ruhiger Betrieb war und Rudolf sich gar zu lange hinter dem Tresen zu schaffen machte, geriet der Haussegen schon mal aus dem Gleichgewicht. Gisela ermahnte Rudolf dann: „Geh in den Stall, die Ziege hat kein Gras!“

Der Gast Herbert Str. machte einmal eine kleine Busfahrt nach Deutschneudorf. Von dort lief er vorbei am „Grenzheim“ und ging weiter den steilen Anstieg hinauf in Richtung Katharinaberg.

In der Finsternis oben angekommen, sprang ihn ein kleiner Hund freudig an. Es war der „Puzzi“, ein ständiger Begleiter von Rudolf Reichel. Wenn der Hund schon hier ist, dachte Herr Str, wird der Rudolf nicht weit sein.

Und tatsächlich, da war auch der Reichel, Rudolf. Mir weinerlicher Stimme berichtete er, dass seine Gisela fort gegangen sei, ohne zu sagen wohin.

Die beiden liefen zusammen weiter über die Straße nach Katharinaberg – Stadt und dann wieder hinunter ins Pachendörfel zur Grünen Aue.

Tröstend sagte Herr Str. dem Rudolf, dass, wenn der erste Bus früh an der Grünen Aue hält, seine Frau auch wieder aussteigen wird. Und genau so war es dann auch. Alles war wieder in Butter. Gisela war zu einem Kurzbesuch in Olbernhau gewesen und hatte wahrscheinlich den letzten Bus nach Hause verpasst. Bemerkbar konnte sie sich nicht machen. Telefon, Handy oder WhatsApp hatten die Wirtsleute noch nicht. 😉

Herr Str. ist mit seiner Frau und Kind bis zur Vertreibung 1945 da geblieben und hatte Gebirgsneudorf gewohnt. In seinen Fronturlauben hat er immer wieder mal bei Familie Reichel in der Grünen Aue reingeschaut.

Die Herzlichkeit der Wirtsleute und die Idylle im Gasthaus konnte er nie vergessen.

Herr Str. lebte in Calw. Ich weiß nicht, ob er heute noch unter uns weilt. Die Geschichte schilderte er im Jahre 1993.

Bild 1 Katharinaberg Oberes Dorf um 1920

Bild 2 Erweiterung des Lagers um 1939

Bild 4 Das zum Feriendorf umgebaute Barackenlager im April 2016

Bild 5 Das Gasthaus „Zur Grünen Aue“ 2016

Mirko von Katharinaberg

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