Heinrichsdorf in Böhmen – 17.12.2021

Heinrichsdorf in Böhmen – 17.12.2021

Heinrichsdorf in Böhmen Eine kleine Geschichte...

Als ich ein kleiner Junge war, lebte in unserem Haus noch eine nette alte Dame.
Mit ihrem langen weißen hochgesteckten Haar war sie immer eine liebenswürdige Erscheinung.
Immer wenn wir Kinder Unterhaltung suchten, klopften wir an ihre Tür.
Ich kann mich nicht erinnern, dass wir auch nur ein einziges Mal nicht eingelassen worden wären.
Anna Kosch, so hatte sie geheißen, fand immer ein liebes Wort, eine alte Geschichte und etwas zu essen für uns.
Meistens aßen wir uns bei ihr auch schon satt, so dass sich unsere Mutter oft ärgerte, wenn wir uns anschließend zufrieden und satt gegessen an ihren Tisch setzten.
Frau Kosch’s größter Wunsch war es gewesen, meinen Schulanfang noch zu erleben.
Das aber war ihr leider nicht mehr vergönnt, denn kurz davor starb sie und geriet allmählich in Vergessenheit.
Im Gedächtnis blieb mir, der Satz meiner Eltern: Frau Koch ist ne „Behmsche“.
Diese Aussage jedoch blieb mir Jahrzehnte lang ein Rätsel.
Eine Böhmische – also eine tschechische Frau? Dafür sprach sie zu gut deutsch. Und warum sollte denn eine alte tschechische Frau in der DDR, in Olbernhau Leben?Schon als Kind war mir das nicht plausibel.
Fragen konnte ich sie nicht mehr. Kein anderer konnte oder wollte mir diese Frage beantworten.
 
Später erfuhr ich, Anna Kosch stammte aus Heinrichsdorf in Böhmen, heute Jindřichův Ves, nahe Kallich und Rübenau. Heute weiß ich, ihr Mann, Waltarbeiter in Heinrichsdorf kam aus dem Krieg nicht mehr zurück.
Die Witwe Anne Kosch wurde mit ihrer Tochter Anni im Jahre 1946 aus ihrem Böhmischen Heimatdorf vertrieben und musste nach Olbernhau übersiedeln.
Der Rest aus ihrem Leben blieb für mich im Dunkeln.
Seit einer Woche jedoch bin ich im Besitz einer über 100 Jahre alten Ansichtskarte von Heinrichsdorf.
Die zeigt Kosch’s Gasthaus in Heinrichsdorf.
Ich vermute, dass dies das Elternhaus von dieser netten alten Dame gewesen ist.
Leider kann ich sie nicht mehr fragen, aber es ist sehr wahrscheinlich.
 
Falls hier irgend jemand etwas zu Heinrichsdorf und zu Familie Kosch sagen kann, würde mich das sehr freuen.
Mirko von Katharinaberg

2 Kommentare

Böhmerlangi Veröffentlicht am11:08 - August 6, 2022

Ich habe in Bild aus Heinrichsdorf mit Klöpplerinnen. Dazu diesen Text:

Die dritte von rechts ist Theresia Agert, *1868 Brandau, +1947 in Stadtlengsfeld (Thüringen). Sie ist eine sogg. „Schwarze Witwe“. 😉
Sie war zweimal verheiratet:
1. Bis 1896 mit Franz Enzmann in Brandau und hatte von ihm nur einen Sohn in zwei Jahren Ehe
2. 1899 bis 1915 mit Emil Heeg aus Heinrichsdorf Nr. 35, gewohnt zusammen in Brandau. Vom Emil bekam sie sieben Kinder in Brandau. Als Witwe des Emil erbte sie eine Haushälfte in Heinrichsdorf und klöppelte da zusammen mit den Frauen in Heinrichsdorf

Böhmerlangi Veröffentlicht am11:11 - August 6, 2022

Am Stammtisch der Seifert-Kneipe von Heinrichsdorf Nr. 11 soll der pensionierte Pfarrer Svitek dem Anton Günther mal schon stark im Bierrausch erzählt haben, dass die meisten unehelichen Kinder in Kallich und Umgebung auffälligerweise neun Monate „nach der Schwarzbeerzeit“ zur Welt kommen. Das soll den Anton Günther dazu angeregt haben, das Lied „vom Annl mit’m Kannl“ zu dichten.

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